Während Papstaudienz Eklat im Vatikan: Messdiener fordern Woelki-Rückzug

Ungewöhnliche Szene bei der Papstaudienz: Kölner Messdiener demonstrieren in Rom gegen Kardinal Woelki. Wieso der Kardinal in Köln so unbeliebt ist.
Während einer Generalaudienz mit Papst Leo XIV. in Rom haben Kölner Messdiener am Mittwoch öffentlich gegen ihren Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki protestiert. Das berichtet Radio Köln. Der Sender veröffentlichte auch ein Foto der Aktion auf dem Petersplatz.
Mit einem großen Banner forderten sie auf Latein: "Leo, libere eum et nos" – auf Deutsch: "Leo, erlöse ihn und uns". Einer der Beteiligten, ein 19-jähriger Messdiener namens Casimir, sagte dem Sender: "Wir glauben, dass Woelki mit seinem Amt überfordert ist und auch darunter leidet. Und deswegen ist es uns wichtig, dass der Papst Woelki von seinem Amt erlöst."
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Kölner Erzbistum reagiert auf Vorfall
Die Gruppe verteilte dem Bericht zufolge zusätzlich 500 Ansteck-Buttons mit demselben Slogan. Über eine eigens eingerichtete Instagram-Seite informiert sie zudem über die Aktion. Bereits vor drei Jahren hatten Messdiener dem Kardinal bei einer Messe in Rom demonstrativ den Rücken zugekehrt.
Das Erzbistum erklärte, es habe sich bei den Demonstranten "um ein paar Einzelpersonen" gehandelt. Andere Jugendliche und Ordnungskräfte des Vatikans hätten sich an dem Banner gestört – daraufhin sei die Gruppe aufgefordert worden, es zu entfernen. Das sei dann auch geschehen.
Die protestierende Gruppe war Teil der Kölner Delegation zur internationalen Ministrantenwallfahrt. Deren Leiter, Tobias Schwaderlapp, teilte mit: "Die Wallfahrt verläuft absolut super, wir haben wirklich eine gute Stimmung und konzentrierte Atmosphäre, wenn wir gemeinsam die Gottesdienste feiern. Die kleine Aktion mit dem Banner auf dem Petersplatz hat eigentlich niemand richtig mitbekommen."
Kirchenpersönlichkeiten forderten schon Woelkis Rücktritt
Woelki gilt im Erzbistum Köln als äußerst unbeliebt. Im Sommer ergab eine Umfrage des "Kölner Stadt-Anzeigers", dass gerade einmal drei Prozent der Kölner mit seiner Arbeit zufrieden sind, 83 Prozent zeigen sich weniger oder gar nicht zufrieden. Besonders die junge Generation lehnt ihn ab – in der Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen erreicht die Zufriedenheit mit dem Erzbischof quasi den Wert null.
Zuletzt hatten mehrere katholische Persönlichkeiten in einem Brief an Papst Leo XIV. die Abberufung Woelkis gefordert. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller, Christian Weisner von der Reformbewegung "Wir sind Kirche" und der Münchner Priester Wolfgang F. Rothe schrieben, Woelki sei durch die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft "vollständig korrumpiert", obwohl es nicht zur Anklage gekommen sei.
"Kardinal Woelki ist sowohl innerhalb der Erzdiözese Köln als auch innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland weitestgehend isoliert", hieß es in dem Brief. "Er ist ein Hirt ohne Herde."
Woelkis Krise im Kölner Erzbistum
Hintergrund des Briefes ist ein zweieinhalbjähriges Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen Woelki. Zentrale Frage war, zu welchem Zeitpunkt der Erzbischof über Missbrauchsvorwürfe gegen Priester informiert war. Die Ermittlungen ergaben, dass Woelki falsche Angaben gemacht hatte – allerdings fahrlässig, nicht vorsätzlich. Er habe vor dem Landgericht Köln 2023 unter Eid eine Aussage getätigt, die als "objektiv unwahr" anzusehen sei. Ende Mai wurde das Verfahren eingestellt.
Zehn Jahre nach seiner Amtseinführung ist Woelki der umstrittenste Kirchenmann Deutschlands. Bereits 2021 warf ihm der in diesem Jahr verstorbene Papst Franziskus "große Fehler" insbesondere in seiner Kommunikation vor und schickte ihn für fünf Monate in eine Auszeit. Anschließend forderte er Woelki auf, ein Rücktrittgesuch einzureichen. Das Erzbistum Köln befindet sich seither in einer ungeklärten Schwebesituation.
Die Krise begann 2020, als Woelki ein Gutachten über den Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch zunächst nicht veröffentlichte. Er führte rechtliche Gründe an und gab ein neues Gutachten in Auftrag. Dieses Vorgehen führte zu einer zunehmenden Entfremdung zwischen dem Kardinal und den wichtigsten Gremien des größten deutschen Bistums.
Gleichzeitig widersetzte sich Woelki dem Reformprozess des synodalen Wegs und geriet dadurch in Opposition zur großen Mehrheit der katholischen Bischöfe in Deutschland. Vorsichtige Schritte einer Öffnung der Kirche, etwa die Zulassung von Segnungen homosexueller Paare, lehnte er ab. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte über Woelki einmal: "Es gibt Menschen, auf die man wie ein totes Pferd einreden kann."
- radiokoeln.de: "Kölner Messdiener mit Protestaktion gegen Woelki in Rom"
- Stellungnahme des Erzbistums Kölns (E-Mail)
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Berichterstattung
