"Helden des Monats" Seine Friedhofsmobile bringen Kölner zum Grab ihrer Liebsten

Josef Terfrüchte hilft älteren Menschen dabei, verstorbene Angehörige und Freunde auf dem Friedhof zu besuchen. Seine Friedhofsmobile sind in Deutschland einmalig.
Ruhig, aber beharrlich spricht Josef F. Terfrüchte über seine Arbeit, für die er nun mit dem Kölner Ehrenamtspreis ausgezeichnet wurde. Der 74-Jährige, geboren im westfälischen Borken, hat sein Berufsleben der Pflanzen- und Friedhofskultur gewidmet – und sein ehrenamtliches Engagement den Menschen, die sonst kaum eine Chance hätten, ihre verstorbenen Angehörigen noch einmal am Grab zu besuchen.
"Die Grabstätte von Angehörigen zu besuchen, das ist für mich ein Menschenrecht", sagt Terfrüchte. Aus dieser Überzeugung heraus entstand vor 25 Jahren eine Idee, die bis heute Bestand hat: das Kölner Friedhofsmobil.
Erstes Friedhofsmobil fuhr 2002 los
Nach einer Ausbildung zum Gärtner und dem Studium zum Agrarwirt in Münster führte Terfrüchtes Weg nach Köln. Hier wurde er zunächst Geschäftsführer des Blumengroßmarktes Köln, später leitete er die Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner e.G. In dieser Zeit erhielt er einen Anruf, der sein weiteres Wirken prägen sollte: Eine ältere Frau fragte verzweifelt, wie sie – mobilitätseingeschränkt und ohne Angehörige – noch zum Grab ihres Mannes gelangen könne.
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"Da habe ich erkannt, dass Handlungsbedarf besteht", erinnert sich Terfrüchte. Er dachte über Lösungen nach, organisierte, suchte nach Unterstützern – und gründete schließlich im Jahr 2000 den Verein Senioren Servicedienste Köln e.V. Zwei Jahre später startete das erste Friedhofsmobil seine Fahrt.
Friedhofsmobil: Fahrer sind auch "Seelsorger"
Heute gibt es in Köln zwei dieser speziellen Fahrzeuge. Sie holen ältere oder kranke Menschen zu Hause ab, fahren sie dank einer Ausnahmegenehmigung der Stadt Köln direkt bis ans Grab und bringen sie wieder zurück. Zwei fest angestellte Fahrer begleiten die Seniorinnen und Senioren nicht nur auf dem Weg zum Friedhof, sondern nehmen sich auch Zeit für Gespräche und sind, wie Terfrüchte betont, "nicht nur Fahrer, sondern auch Seelsorger."
Die Resonanz ist enorm: Die Fahrten sind Wochen im Voraus ausgebucht, die Fahrgäste sind im Durchschnitt mehr als 85 Jahre alt, manche sogar über 95. "Die Menschen blühen auf, wenn sie spüren, dass jemand für sie da ist", sagt Terfrüchte. Oft ist der Ausflug mehr als nur ein Gang zum Grab. "Manche freuen sich, dass sie endlich wieder den Dom gesehen haben, die Skyline von Köln oder das Viertel, in dem sie gewohnt haben. Das ist ein Stück zurückgewonnene Lebensqualität."
Daher sagt Terfrüchte: "Wir geben den Menschen mehr als nur einen Grabbesuch. Wir haben Mitfahrer, die sich den ganzen Monat lang auf den Termin freuen, der für sie ein wahrer Glücksmoment ist."
"Wir können die Situation ein Stück besser machen"
Terfrüchte weiß, wie groß die Not der Einsamkeit gerade im Alter ist. "Eine Gesellschaft braucht Berührung, Kontakte. Wir haben in der Corona-Krise gesehen, wie schlimm es war, dass ältere Menschen keinen Besuch bekommen durften." Sein Verein wirkt dieser Isolation entgegen – nicht nur mit den Friedhofsmobilen, sondern auch mit Projekten wie dem Kölner Vorsorgetag, bei dem kostenlos unter anderem über Ernährung, Rente, Gesundheit oder Patientenverfügungen informiert wird.
Für sein Engagement überreichte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker Josef F. Terfrüchte nun den Ehrenamtspreis der Stadt. Eine Auszeichnung, die auch ein Zeichen setzt: Für das Durchhaltevermögen, den sozialen Blick und den unermüdlichen Einsatz eines Mannes, der sich selbst als "Westfalen mit Ausdauer" bezeichnet.
Seit der ersten Fahrt am 24. April 2002 sind die Friedhofsmobile Tag für Tag unterwegs – immer ausgebucht, immer gefragt. Für Terfrüchte ist das der schönste Lohn: "Wir können die Situation der älteren Menschen ein Stück besser machen. Und das ist es, worauf es ankommt."
- Gespräch mit Josef F. Terfrüchte
