Hochburgen der OB-Kandidaten Ein Veedel fällt besonders auf – massive Verschiebung

Diese Stadt ist gespalten, da ist sich ein Experte nach der Köln-Wahl sicher. Ansgar Hudde erklärt, wo die Kandidaten ihre Wähler holten und was auffällt.
Köln hat gewählt: nach dem Stadtrat nun auch in einer Stichwahl einen neuen Oberbürgermeister. Am Sonntag hat der Sozialdemokrat Torsten Burmester Berîvan Aymaz (Grüne) in der Stichwahl mit 53,5 Prozent der Stimmen besiegt. Der Soziologe Ansgar Hudde von der Universität zu Köln sieht im Ergebnis eine politisch gespaltene Stadt. t-online hat mit ihm am Morgen nach der Wahl gesprochen.
Hudde betrachtet das Kölner Wählerverhalten in einem Umkreis von 4,5 Kilometern rund um das Rathaus. "Innerhalb dieses Kreises hatte Aymaz mit 58 Prozent gewonnen, außerhalb hatte sie nur 34 Prozent." Für Hudde ist klar: "Burmester ist es ausreichend gelungen, Wähler von der CDU für sich zu gewinnen. Das war wohl ausschlaggebend für die Wahl."
"Burmesters Strategie, zu sagen, Köln ist mehr als Ehrenfeld, ist voll aufgegangen", so der Soziologe – der 62-Jährige hatte sich in seinem Wahlkampf vor allem auf die äußeren Stadtteile konzentriert. Hudde sieht den Sozialdemokraten jetzt vor einem "inhaltlichen Spagat": "Einerseits hat er viele Leihstimmen aus der Mitte und rechts davon, andererseits darf er die Linken, die ihn gewählt haben, nicht enttäuschen. Es wird eine sehr schwierige Aufgabe."
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Wieso haben die Grünen die Kölner OB-Wahl verloren?
Der Experte meint zu den Gründen für die Niederlage der Grünen: "Selbst in ihren Hochburgen war Aymaz nicht extrem stark. In Ehrenfeld, wo sie in Runde eins am stärksten war und wo sie, wie ich es gesehen habe, auch ihre Ressourcen gebündelt hat, hat Aymaz 69 Prozent gemacht."
Das sei nicht schlecht, aber auch kein überwältigender Sieg in der grünen Hochburg Ehrenfeld gewesen, so Hudde.
Der Grünen sei es nicht gelungen, ihre Wählerklientel in der Innenstadt, aber auch in Nippes, Sülz und der Südstadt ausreichend zu mobilisieren, so der Soziologe. Hudde geht nicht davon aus, dass die Kandidaten Aymaz und Burmester selbst einen wahlentscheidenden Unterschied machen konnten. Er sieht es so: "Das Ergebnis der OB-Wahl deckt sich in den Stadtteilen mit dem der Bundestagswahl."
Ein Veedel fällt dem Experten besonders auf
Ein Veedel sticht für den Experten am Morgen nach der Wahl indes heraus: der Hahnwald. Hier hatte CDU-OB-Kandidat Markus Greitemann in der ersten Wahlrunde noch 54 Prozent der Stimmen geholt.
Hudde weist jetzt darauf hin: "In der ersten Runde hat Burmester zehn Prozent der Stimmen im Hahnwald bekommen, in der zweiten 85 Prozent." Der Soziologe geht davon aus, dass in dem Veedel, in dem besonders viele wohlhabende Menschen und auch Prominente leben, überwiegend der Sozialdemokrat gewählt wurde, um die Grüne als Oberbürgermeisterin zu verhindern.
Für ihn ist klar: "Die SPD ist die Partei des kleinsten gemeinsamen Nenners: Sie haben wenige wirkliche Gegner. Die gibt's bei den Grünen viel mehr: Sie polarisieren – vor allem in den Randbezirken, dort haben sie es zunehmend schwer."
Ist es für die Grünen damit langfristig nicht möglich, in Köln einmal den Oberbürgermeister zu stellen? Dem will sich Hudde nicht anschließen. "Bei einer Stichwahl ist es für die Grünen immer entscheidend, gegen wen sie antreten. Wären sie gegen die CDU in Köln angetreten, hätte ich getippt, dass die Grünen gewinnen."
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Burmester steckt jetzt im "inhaltlichen Spagat"
Der CDU-OB-Kandidat Markus Greitemann war im ersten Wahlgang vor rund zwei Wochen mit etwas weniger als zwei Prozentpunkten hinter Burmester mit 19,47 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz gelandet. Hudde meint, dass sich die Grünen künftig stärker in den äußeren Stadtteilen engagieren müssten.
Um auch eine Stichwahl in Köln zu gewinnen, müssten die Grünen im Bereich der Verkehrspolitik weniger über die Frage von Auto oder Fahrrad sprechen, sondern mehr über Fußgänger. "Zu Fuß gehen alle, da kann man alle ansprechen. Das ist ein weitgehend vergessenes Thema." Ein weiteres Thema ist ihm zufolge die Debatte um bezahlbaren Wohnraum. Hier könnten linke Parteien, wie die Grünen, auch in Zukunft stärker punkten.
- Telefoninterview mit Ansgar Hudde, Universität zu Köln
- Eigene Berichterstattung


